„Agnes“ Autor Peter Stamm am IKG

„Ich bin nicht einer, der von sich aus gerne erzählt“ 

Am Mittwoch den 30. November  gastierte der schweizerische Autor Peter Stamm, der u.a. den Roman „Agnes“ verfasst hat, für 90 Minuten am IKG. Sein Roman bildet eine der drei Pflichtlektüren für das Deutschabitur 2017 und 2018. So kam es, dass sich alle Schülerinnen und Schüler der Kursstufe 2 und ein Deutschkurs der ersten Jahrgangsstufe im Musiksaal versammelten und Peter Stamm ihre Fragen stellten. Peter Stamm, der sehr pünktlich erschien, freundlich war und sehr entspannt wirkte, startete mit einer kurzen Lesung zweier Kapitel aus „Agnes“. Er sei keiner, der von sich aus gerne erzählt, weswegen er die Audienz regelrecht dazu aufforderte ihn mit Fragen zu überhäufen. Doch bevor es ans Fragenstellen ging, las die Abiturientin Leah Gann, die zusammen mit Leon Kolb durch die „Lesung“ führte, einen alternativen Schluss vor, der in einem Deutschkurs aus Klasse 12 verfasst worden war. Dieser andere Schluss wurde Peter Stamm am Ende mitsamt eines weiteren kleinen Geschenks mitgegeben.

„Beim Schreiben sind inhaltliche Dinge oft nicht wichtig.“

Die Schülerinnen und Schüler waren sehr gut vorbereitet und stellten zusammen mit den vier anwesenden Deutschlehrerinnen interessante Fragen, die der Autor jedoch nicht für alle befriedigend beantworten konnte.

Jedenfalls ist nun bekannt, dass Peter Stamm nicht plant bevor er anfängt zu schreiben. Er habe nur eine grobe Idee, jedoch entwickle sich die Geschichte erst während des Schreibvorgangs. Dadurch erlange er mehr Freiheiten, auch was die Figuren angeht. Das Grundthema, das „Agnes“ zugrunde liegt, sei die Bildnis Problematik, die ihn schon immer beschäftigt habe. Trotzdem, das hat er immer wieder betont, soll sich jeder Leser das Thema herausnehmen, das ihm persönlich am wichtigsten ist.

Peter Stamm scheint ein Mensch zu sein, dem Ästhetik sehr wichtig ist. Er möchte ein ästhetisches Ganzes erschaffen und achtet deswegen weniger auf den Inhalt seiner Werke. Er bedient die Leser nicht. Aus diesem Grund scheint wohl auch das Ende von „Agnes“, an dem nicht sichergestellt wird, ob diese in Realität nun tot ist oder nicht, für den ein oder anderen Leser deprimierend. Für Peter Stamm muss das Ende so sein, da es nur so passen würde und dieses ästhetische Ganze abschließe. Er findet übrigens auch die Verfilmung seines Romans, die diesen Sommer in den deutschen Kinos lief, im Gesamten ästhetisch sehr gelungen.

„Der Mensch erlangt nur Eigenschaften im Kontakt mit anderen.“

 Zu seinen Protagonisten, Agnes und dem Ich-Erzähler, wollte Peter Stamm leider nicht viel Auskunft geben. Auf die Frage, ob er nicht ein paar Charaktereigenschaften von Agnes nennen könne, antwortete er, dass er dies nicht könne. Das gesamte Buch beschreibe doch ihren Charakter.  Peter Stamm wisse nicht mehr über seine Figuren als über sie im Roman stehe. Faszinierend ist, dass er über seine Charaktere, die er ja erschaffen hat und die ohne ihn nicht existieren würden,  spricht als seien sie wirklich lebendig und autonom, sodass er nicht mehr über diese wissen könne als das, was er über sie geschrieben hat.

Die jungen Leser, die sich im Unterricht mit „Agnes“ beschäftigen müssen bzw. mussten, hätten sich über das im Buch Formulierte hinaus noch nähere Erläuterungen zu den Protagonisten gewünscht.  Deswegen wäre es sehr interessant gewesen, über das im Buch Notierte hinaus Informationen zu den Protagonisten zu erhalten. Immerhin wurde pro Mensch ein Geldbetrag verlangt und Peter Stamm in erster Linie gebucht, um den Wissenspool um „Agnes“ zu ergänzen und den Schüler/innen weitere Interpretationsansätze zu verschaffen, besonders in Hinblick auf das bevorstehende Deutschabitur Ende April 2017.  (Mara Ott)